Feiwel and Friends, New York, Copyright 2016 by Rampion
Books
Wie ich mich in Wunderland wiederfand, und dort bleiben wollte. Weil ich dort war, von mir gefunden.
Ich liebe Alice im Wunderland. Weil es so merkwürdig ist,
voller Gedanken- und Wortspiele, und weil es zauberhaft ist. Deswegen musste
ich Heartless lesen, hatte aber auch aus demselben Grund Angst, enttäuscht zu
werden. Was Quatsch ist, denn es ist Marissa Meyer, die Autorin der Lunar
Chronicles. Und wie wir wissen, bin ich total vernarrt in diese Bücher.
Ein Marissa-Meyer-Buch ist noch kein Fehler gewesen, auch
Heartless nicht. Im Gegenteil.
Handlung
Catherine Pinkerton liebt es zu backen. Ihre Eltern liebt
sie nicht ganz so sehr und den König schon gar nicht. Leider verhält es sich
andersherum genau umgekehrt und der König von Hearts, wo die Geschichte spielt,
macht Cath den Hof. Die kann allerdings nur an ihre Bäckerei denken, die sie
eröffnen möchte. Und an diesen mysteriösen Hofnarren, der plötzlich auftaucht
und alle Bewohner des Landes verzaubert.
„I’m not sure I want to go to a mad tea party.“
Jest winked at her. „Trust me, my lady. You do.“
(Seite 151)
Meinung
Die Geschichte spielt in Hearts, das dem Wunderland von
Lewis Carroll sehr ähnlich ist. Krocket wird mit Flamingo und Igel gespielt,
die Nachbarn sind Schweine, deren Köche zu viel Pfeffer ins Essen streuen, und der
König ist ein kleiner, alberner Mann. Die rauchende Raupe gibt Ratschläge,
Meerschweinchen urteilen im Gericht und bestimmte Kuchen veranstalten mit dem
eigenen Körper merkwürdige Dinge. Es ist alles da – und mehr: Die Pflanzen aus
Caths Träumen wachsen in ihrem Zimmer und Hüte enthalten viel mehr als weiße
Kaninchen.
Die Hauptfigur Catherine ist gut gelungen. Sie ist
sympathisch, aber nicht zu sehr. Sie denkt Gedanken und trifft Entscheidungen,
die dem Leser manchmal nicht gefallen. Untypisch für eine Heldin stürzt sie
sich nicht jederzeit selbstlos, mutig oder närrisch ins Abenteuer. Sie tut
vieles für ihre Lieben, aber sie kann auch selbstsüchtig sein. Die anderen
Figuren sind weniger vielschichtig, bis auf wenige Ausnahmen. Sie verbleiben
aber in den Rollen, die Carroll ihnen zugedacht hat. Die meiner Meinung nach
spannendste Figur in allen Alice-Geschichten ist der Hutmacher. Auch hier ist
das der Fall. Marissa Meyer gibt ihm sogar noch mehr „Mehrsein“.
Der Plot plätschert zunächst liebevoll durch Hearts, oder
Wunderland, und ich habe mich sehr über die Ähnlichkeiten gefreut. Es geht am
Anfang um die persönlichen Probleme der Figuren, bis sich dann die Action
entwickelt. Zu keinem Zeitpunkt habe ich mich gelangweilt. Neben Caths Problem,
dass sie dem König aus dem Weg geht und am besten auch diesem anziehenden
Joker, treibt ein Ungetüm sein Unwesen. Seit Jahrhunderten bekommen die
Bewohner von Hearts wieder einen riesigen Jabberwock zu Gesicht. Und der ist
hungrig. Gegen Ende ging mir dann aber alles zu schnell und ich hätte mir mehr
Zeit gewünscht für bestimmte Szenen und Gefühle, wie es zu Anfang die Kuchen und
Torten bekommen.
Das Thema ist das Herz. Wofür schlägt es? Für wen ist es
wertvoll? An wen verschenkt man es? Wer stiehlt es? Es geht dabei nicht nur um zwischenmenschliche
Liebe, sondern auch um Träume und Liebe für sich selbst. Um Mut und
Selbstlosigkeit, um Hass und Rache. Denn ein Herz kann ganze Königreiche retten
oder ins Verderben stürzen.
Alles in allem ist die Hommage an Carrolls Alice in
Wonderland hervorragend gelungen. Heartless ist ein wundervolles Buch und Meyer
konnte den Zauber ohne Abstriche einfangen. Catherine Pinkerton ist eine
spannende Hauptfigur voller Überraschungen. Die Konflikte erreichen nicht ganz
den allumfassenden Weltkonflikt aus den Lunar Chronicles, sondern befassen sich
mit einem persönlichen Schicksal. Bis auf den polternden Plot zu Ende aber hat
mich nichts gestört.