29. August 2017

Drei Lesetipps im August

Im August geht es um drei Kinderbücher, die sich genauso für Erwachsene eignen und die Phantasie anregen. Vielleicht ist ja was für euch dabei :-)

Michael Ende: Momo

Ich habe Momo erst letztes Jahr gelesen und ich bin begeistert! 
In einer Stadt erscheint die kleine Momo. Sie wohnt friedlich am Stadtrand und spielt mit den Kindern, die Erwachsenen fragen sie um Rat und alle leben fröhlich miteinander. Bis die Grauen Herren kommen, die die Stadtbewohner überreden, Zeit zu sparen. Immer mehr Zeit wird gespart und niemand hat mehr welche. Kann Momo den Bewohnern helfen und ihnen wieder zeigen, wie wertvoll gemeinsam verbrachte Zeit ist?
Das Buch ist sehr liebevoll geschrieben und stimmt junge und besonders alte Leser nachdenklich. Jeder sollte einmal überdenken, ob er nicht manchmal zuviel Zeit spart ;-)

Tahereh Mafi: Furthermore

Dieses Buch ist eine wundervolle Geschichte über ein Mädchen, das ihre eigenen Stärken verleugnet und nichts lieber will, als wie alle anderen zu sein.
In einer kunterbunten Welt ist Alice die einzige, die vollkommen weiß ist. Sie fühlt sich als Außenseiter und das wird nicht besser, als sie ihre Aufnahmeprüfung in die Gesellschaft verpatzt. Traurig und allein willigt sie ein, Oliver bei seiner Prüfung zu helfen. Das führt die beiden ins sagenhafte Land Furthermore, in dem sie nicht wissen, wem sie trauen können.
Nach und nach lernt Alice, dass sie anders und trotzdem anerkannt sein kann, eben besonders.

Neil Gaiman: Coraline

Ein durchdachtes Kinderbuch mit kleinem Gruselfaktor. Coraline zieht mit ihren Eltern in ein neues Haus. Schon bald entdeckt sie einen Geheimgang, der zu einer anderen Mutter und einem anderen Vater führt. Die beiden sind viel lieber als die anderen, verbieten nichts und sind immer fröhlich. Coraline könnte bei ihnen bleiben. Wenn sie wie die beiden in Zukunft mit Knöpfen anstelle der Augen leben würde.
Eine Geschichte über Familie und die Sorgen und Ängste von Kindern und Eltern. 


27. August 2017

Spoiler: Ursula Poznanski: Aquila

Loewe Verlag 2017

zum Haupt-Post ohne Spoiler

Worüber ich ja nicht hinwegkomme: Wer – zwischen 19 und 35 – weiß denn nicht, woher „With the lights out it’s less dangerous“ herkommt? Gut, vielleicht bin ich nicht der richtige Maßstab. Aber das weiß man doch?

Here we are now, entertain us! Entertained wurde ich wirklich gut. Es war mal wieder dieser Effekt, bei dem man nach der Hälfte des Buches nicht genau weiß, was eigentlich bisher nochmal genau passiert ist, das all die Seiten gefüllt hat. Aber man hat sie trotzdem durchgelesen wie nichts.

It’s fun to lose and to pretend. Ich habe Lennard ja noch einiges mehr Dreckiges zugetraut und war gegen Ende auch überzeugt davon. Als Nika meinte, sie habe ZWEI Namen in ihrer Liste notiert, Gloria und noch einen, dachte ich, beim Spiegel des Löwen handele es sich um den Spiegel von Lennard, abgeleitet von Leonard, Leo, Löwe. Witzigerweise habe ich, als Stefano von seinen Geschwistern sprach, noch gedacht, dass Natale ein merkwürdiger Name sei und doch Geburt heiße. Auf Weihnachten ist mein Gehirn aber nicht gekommen. Nun ja.

A mulatto, an Albino, a mosquito, my libido. Alles wurde hervorgerufen von einer – ja – verrückten jungen Frau. Einer eifersüchtigen, skrupellosen Jenny. Ich weiß nicht, ob mich das zufrieden stellt. Vielleicht würde ich mich leichter damit tun, wenn noch herausgekommen wäre, dass sie irgendeine psychische Störung hat. Sie war ja nicht so lange mit Lennard zusammen und kannte die Frau auch gar nicht, mit der Lennard vermeintlich unterwegs gewesen war.

Wie hat euch das Buch gefallen?

Ursula Poznanski: Aquila

Loewe Verlag 2017

Wie ich mal wieder ein Buch in zwei Tagen durchgelesen habe
Zugegeben, ich hatte Urlaub.





Handlung

Nika wacht in ihrem Bett auf, in dreckigen Klamotten, mit Kopfwunde und ohne Erinnerung an die letzten zweieinhalb Tage. Was ist passiert? Wo ist ihr Handy? Und was bedeuten diese kryptischen Sätze auf dem Pizza-Flyer in ihrer Hosentasche? Auf der Jagd nach ihren Erinnerungen wird Nika selbst zur Gejagten. Kann sie sich selbst noch trauen, wenn sie nicht weiß, was sie tatsächlich getan hat?

Meinung

Ursula Poznanski hat mich mal wieder ans Buch gefesselt. Die spannende Geschichte, der rasante und flüssige Schreibstil und vielen Andeutungen und Rätsel im Buch ließen mich Seite um Seite umblättern. Ich habe aber von der Autorin auch nichts anderes erwartet ;-)

Die Handlung ist rasant, aufregend und spannend. Der Gedächtnisverlust und die Suche nach den Geschehnissen der letzten Tage bringen von vorn herein einen Spannungsbogen in die Geschichte, der von Kapitel zu Kapitel steigt. Neue Erkenntnisse und Wendungen bringen die Hauptfigur und den Leser auf immer neue Gedanken und die Spekulationen in immer neue Richtungen. Die Kulisse der italienischen Stadt Siena, in der Nika ein Semester verbringt, gibt zusätzlichen Pepp und erinnert vage an andere Jagden nach dunklen Geheimnissen quer durch Italien. Dadurch wird eine mystische Stimmung erzeugt. Der Plot ist getrieben von der Suche nach der Erinnerung und den Merkwürdigkeiten, die Nika unterwegs begegnen, wie gruselige Verfolger, Fremde, die mehr wissen als sie selbst, und schockierende Fotos von Nika selbst.

Nika selbst lernt der Leser durch ihre Taten kennen. Zwar gibt die Autorin Informationen zu deren liebevollen Mutter, dem anstrengenden Stiefvater und dem wenig enthusiastischen Studium der Kunstgeschichte. Doch davon abgesehen begleitet der Leser die 19-Jährige auf ihrer Suche. Nika ist verwirrt und ein wenig verloren in der fremden Stadt. Davon lässt sie sich aber nicht aufhalten und geht auf eigene Faust ihren Eingebungen nach. Sie ist mutig und etwas unüberlegt.

Die anderen Figuren helfen ihr oder stellen sich ihr in den Weg. Aber wem Nika wirklich trauen kann, muss sich noch zeigen. Die Figuren erfüllen ihre Funktionen als Freunde und Feinde und als potentielle Gefahren, die wissen, was in den letzten Tagen tatsächlich passiert ist. Ein wenig mehr Tiefe in den Charakteren wäre okay gewesen, aber notwendig ist sie auch nicht.

Nachdem Erebos, Layers und Elanus sich mit aktuellen technischen Entwicklungen beschäftigt haben, ist das Thema in Aquila schwieriger zu fassen. Vor allem, ohne etwas vorwegzunehmen. Die aufgebaute Spannung aber und die gruselig-mystische Jagd quer durch Siena reichen völlig aus, diesem Buch 4,5 von 5 Seifenblasen zu geben! Aquila ist ein rasanter Page-Turner wie Poznanski sie von jeher schreibt.

Insgesamt liegt die Stärke dieses Buches also im schnell steigenden Spannungsbogen. Ich konnte es nicht weglegen, ich musste wissen, wie es weiter geht! Wer einen actionreichen Plot mag, ist hier genau richtig.

Weitere Gedanken zum Buch: Achtung, Spoiler!

25. August 2017

Dystopie – der schreckliche Nicht-Ort

August-Special

Das Ganze ist etwas theoretisch geworden, sorry … :-D

Ich liebe Dystopien. Was das über mich aussagt, weiß ich nicht, aber ich kann nicht die einzige sein bei den vielen Anti-Utopien in den Buchhandlungen. Besonders im Young-Adult-Bereich schlugen sie in den letzten Jahren ein (Panem, Maze Runner, Die Verratenen, Divergent) und es werden auch weiterhin einige veröffentlicht (Das Juwel, Mind Games, Red Queen). Die Erwachsenen-Dystopien reihen sich viel bei den Klassikern ein, 1984, Fahrenheit 451, Make Room! Make Room!. Wenn mir jemand neue empfehlen kann, freue ich mich sehr :-) (The Circle mochte ich übrigens nicht :-D)

Was ist eine Dystopie? In der Uni habe ich mich damit beschäftigt und gebe euch hier kleine Auszüge aus einer Arbeit von mir:

Die Dystopie als literarische Gattung bezeichnet im Allgemeinen eine im Vergleich zur realen Wirklichkeit des Autors negative Zukunftsvorstellung, die in Form eines literarischen Textes ausgestaltet wird. Seinen Ursprung hat diese Art Literatur schon sehr früh in der Utopie, welche einen positiveren Weltentwurf im Vergleich zur Gegenwart der Entstehungszeit aufzeigt. (Morus' Utopia habe ich auch gelesen, interessant aber ohne Spannungsbogen :-P) Sie sind „Idealbilder der Zukunft“ (Meyer 2001: 18), entworfen zum Beispiel von den „alten Utopisten bis Karl Marx“ (Meyer 2001: 18) und sogar Platon (vgl. Zeißler 2008: 15) in seiner Politeia. In ihnen wird dargelegt, „wie schön es sein könnte, wenn alle Menschen den trefflichen Vorschlägen folgten“ (Meyer 2001: 18).

Der positiven Utopie wird die negative Dystopie entgegengesetzt. Stephan Meyer bezeichnet sie als Anti-Utopie, die „zunächst als literarische Utopie-Kritik definiert“ (Meyer 2001: 12) wurde und somit aus den Utopien heraus entstand. Als selbstständiger Genrezweig setzte die Dystopie sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch (vgl. Meyer 2001: 12; Claeys 2011: 175).

Das Wort Dystopie ist abgeleitet von der Utopie (griechisch), was in etwa Nicht-Ort bedeutet.  Die Vorsilbe dys drückt das Gegenteil aus. Eine Dystopie ist also das Gegenteil von einem positiven, nicht zu verwirklichenden Ort: Ein negativer Ort, der nicht existiert.

Was mag ich daran? Es sind die Themen, die mich faszinieren. Die Gesellschaftskritik, den Kampf um Freiheit und Individualität, den Einsatz des eigenen Lebens für eine bessere Welt. Das übergeordnete Ziel, das der Leser mit den Figuren versucht zu erreichen, entgegen den allumfassenden Ungerechtigkeiten. Die Figuren, die für Menschlichkeit kämpfen und gegen gesellschaftliche und regimebedingte Regelungen und Systeme.
Dabei gibt es einige Dinge, die sich in allen Dystopien ähneln.

Literarisch gesehen zeigen sie die negativen Tendenzen der Realität auf, in der sie entstehen, und rufen durch die Narration „die Illusion des Wirklichen und ‚Wahrscheinlichen‘“ (Seeber 2003: 70) hervor. Aufgrund des Vorschlags für eine Verbesserung der realen Gegebenheiten situieren die Autoren ihren Inhalt häufig in der Zukunft: „Die Utopie entwirft ein Gesellschaftsmodell, welches […] die negativen Merkmale in grotesker Weise in die Zukunft verlängert, um so vor gegenwärtigen Tendenzen zu warnen (Anti-Utopie)“ (Meyer 2001: 40). (Mir fällt gerade auch gar keine ein, die nicht wenigstens ein bisschen in der Zukunft spielt. Außer vielleicht The Circle. Aber das mochte ich ja nicht :-D)


Es werden bestimmte Gesellschaftszustände beschrieben, um den dystopischen, den  negativen Charakter der Texte zu verdeutlichen. „Dafür eignen sich Endzustände politisch-sozialer Art, wie sie auf einer hoffnungslos übervölkerten, ausgebeuteten und verwüsteten Erde herrschen mögen: der perfekt gewordene Polizeistaat“ (Lübbe 1987: 88). (Man denke nur an den „Klassiker“ Panem und die Friedenswächter, an die Salvatoren an den Handgelenken der Studenten in der Eleria-Trilogie und die vermeintlichen Spiegel in jeder Wohnung in 1984.) Es scheint um eine Umgebung und Lebenssituation zu gehen, die das alltägliche Leben mindestens unangenehm, wenn nicht fast unmöglich gestaltet. Gleichzeitig werden die Menschen von einer wie auch immer gearteten Polizei überwacht. Dies ist ein „Dauerzustand“ (ebd.), also zumindest zu Anfang der Erzählung nicht als veränderbar dargestellt. Neben den Grausamkeiten, die Menschen sich gegenseitig beibringen können, spricht Meyer auch „von der Bedrohung der gesamten Menschheit durch die Objekte, die der Mensch selbst schafft […] den Roboter und die Atombombe“ (Meyer 2001: 14). (Wie in Asimovs Roboter-Geschichten, teilweise aufgegriffen und verfilmt in I, Robot).

Kontrolle, sowohl der Natur als auch durch eine Polizei, spielt also eine wichtige Rolle. Um diese zu behalten, arbeitet die utopische beziehungsweise dystopische Literatur mit begrenzten Räumen, zum Beispiel einer Insel, die von Einflüssen abgeschirmt ist (vgl. Meyer 2001: 34). (Die Einteilung in Distrikte in Panem oder in Fraktionen bei Die Bestimmung.) Die Science Fiction bietet weitere Möglichkeiten wie neu erkundete Teile des Weltraums (vgl. Claeys 2011: 187). (Wie in der typischen Science Fiction á la Star Trek oder auch in Godspeed von Beth Ravis, in dem die Hauptfigur sich in einer komplett neugestalteten Gesellschaft auf einem Raumschiff wiederfindet.)


Die Menschen selbst sind eingeteilt in Klassen oder Stände. „Die jeweilige Gesellschaftsstruktur ist also bestimmt durch eine starre Gliederung in gesellschaftliche Gruppen mit einer jeweils genau definierten sozialen Funktion“ (Meyer 2001: 61). Individualität und ein freier Wille sind in dystopischen Texten unterdrückt (vgl. Chilese, Preusser 2013: 12). „Der Staat handelt und das Individuum bleibt mit seinen Möglichkeiten hinter dem Anspruch der Theorie zurück“ (Greschonig 2005: 193).
(Zum Beispiel die Regulierung der Emotionen in Teri Terrys Gelöscht oder auch in der Unterdrückung romantischer Gefühle in Delirium von Lauren Oliver. Natürlich auch automatisch in der Begrenzung der Lebensräume wie in The Maze Runner von James Dashner, einer fehlenden Ausbildung und Ausmerzung selbstständigen Denkens wie in George Orwells 1984.)

Innerhalb der Handlung der literarischen Dystopien stellen die Autoren dem totalitären System häufig Charaktere entgegen, die sich im Laufe der Erzählung gegen dieses auflehnen. „Die Autoren des anti-utopischen Romans brauchen also die Figur des Außenseiters, um ihre Kritik an der von ihnen selbst entworfenen Gesellschaft sichtbar zu machen“ (Meyer 2001: 125). Der Außenseiter sieht sich dem Staat gegenüber gestellt, ist als Individuum ein Gegner dessen und ist sich darüber im Klaren (vgl. Meyer 2001: 125f). Es ginge um eine Erzählfigur, „die allmählich ihre Individualität, Phantasie und Persönlichkeit gewinnt, um damit in offenen Gegensatz zum herrschenden System zu geraten“ (Meyer 2001: 15). (Meine All-Time-Favorite Katniss Everdeen, die allerdings erst überzeugt werden muss, neben Guy Montag aus Fahrenheit 451 von Ray Bradbury und Eleria aus der gleichnamigen Trilogie.)


Wahrscheinlich lassen sich solch pauschale Aussagen nicht auf jede Dystopie zu einhundert Prozent anwenden. Aber ich erkenne auf jeden Fall die Gemeinsamkeiten der Bücher, die ich so gerne lese. Welches ist meine Lieblingsdystopie? Puh, sehr schwierig zu sagen. Ich finde, die klassischen und die modernen YA-Anti-Utopien unterscheiden sich schon sehr in ihrer Sprache, ihrer Erzählweise, den Figuren, dem Ausgang und natürlich auch der technischen Entwicklungen in der Geschichte. Die etwas älteren Geschichten sind faszinierend, weil man feststellt (wie überall in der Kunst), dass die Menschen sich „damals“ schon dieselben Gedanken gemacht haben. Und dass die negativen Zukunftsvorstellungen tatsächlich immer weiter in den Bereich des Möglichen rutschen. Man schaue sich Systeme und Länder an, die sich auf gutem Weg in den Totalitarismus befinden, die zensieren und totschweigen, die Menschen gegeneinander aufhetzen und sich von anderen Ländern abschotten. Dystopien sind und bleiben aktuell.

Okay, meine Lieblingsdystopie … ich denke die Eleria-Trilogie von Ursula Poznanski. Aber ich mag viele gerne, natürlich Panem von Suzanne Collins, Gelöscht von Teri Terry, Die Bestimmung von Veronica Roth und auf jeden Fall eine meiner neuen Lieblingsreihen von Marissa Meyer, die Lunar Chronicles mit Cinder, Scarlet, Cress und Winter.

Was gefällt euch an Dystopien?








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Quellen:

Claeys, Gregory. 2011. Ideale Welten. Die Geschichte der Utopie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Chilese, Viviana; Preusser, Heinz-Peter (Hrsg.). 2013. Technik in Dystopien. Jahrbuch Literatur und Politik Band 7.  Heidelberg: Universitätsverlag Winter GmbH. 
Greschonig, Steffen (Hrsg.). 2005. Utopie – Literarische Matrix der Lüge? Eine Diskursanalyse fiktionalen und nicht-fiktionalen Möglich- und Machbarkeitsdenkens. Regensburger Beiträge. Zur deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft. Frankfurt a.M.: Perter Lang GmbH. Print.
Lübbe, Hermann. 1987. Rückblick auf das Orwell-Jahr: Die Schreckensutopien. In: Braun, Hans Jürg (Hrsg.). 1987. Utopien – Die Möglichkeit des Unmöglichen. Zürich: Verlag der Fachvereine an den Schweizerischen Hochschulen und Techniken.
Meyer, Stephan. 2001. Die anti-utopische Tradition. Eine ideen- und problemgeschichtliche Darstellung. Frankfurt a.M.: Peter Lang GmbH.
Seeber, Hans Ulrich. 2003. Die Selbstkritik der Utopie in der angloamerikanischen Literatur. In: Saage, Richard; Reese-Schäfer, Walter; Seng, Eva-Maria [Hrsg.]. 2003. Politica et ars. Interdisziplinäre Studien zur politischen Ideen- und Kulturgeschichte. Münster: Lit Verlag.
Zeißler, Elena. 2008. Dunkle Welten. Die Dystopie auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. Marburg: Tectum Verlag.

12. August 2017

Jennifer Niven: All the bright places






Wie mich Finchs Worte berührten

Handlung

Finch steht oben auf dem Rand des Glockenturms an seiner Schule als er merkt, dass er nicht allein ist. Violet ist ebenfalls dort. So richtig springen wollen beide nicht. Aber beide glauben, Grund dazu zu haben. Finch hat Aufs und Abs, er kann sich nicht richtig mit dem Alltag arrangieren und sticht mit seinem Verhalten hervor. Violet hat einen Autounfall überlebt, der ihre Schwester das Leben gekostet hat. Die beiden kennen sich eigentlich nicht. Noch nicht.


Meinung

Dieses Buch ist wundervoll, die Geschichte der beiden Jugendlichen hat mich tief berührt. Besonders Finchs Worte und Taten haben mich zum Nachdenken gebracht.

Die Handlung besteht aus den kleinen Alltags-Abenteuern, die Finch und Violet für ein Schulprojekt erledigen. Sie besuchen besondere Orte in Indiana. Finch ist sofort fasziniert von Violet. Diese öffnet sich ihrem merkwürdigen Mitschüler nur langsam. Doch er lässt nicht locker und zeigt der mürrischen Jugendlichen, wie schön ihre Umgebung ist.

Finch: But then I realized, believe it or not, it’s actually beautiful to some people. It must be, because enough people live here, and they can’t all think it’s ugly.


Die Geschehnisse sind sanft, filigran und aufregend. Es geht um die Welt in den Köpfen der beiden und wie sie sich gegenseitig beeinflussen. Finch peppt Violets Alltag mit den kleinen Abenteuern und seinen Ideen und Erzählungen auf, während Violet ihm zeigt, dass es auch in der Wirklichkeit lebenswerte Dinge gibt. Im Verlauf des Buches schraubt sich der Spannungsbogen nur langsam in die Höhe, was neben den kleinen Abenteuern aber überhaupt nicht schlimm ist. Die Geschichte ist weniger action-driven, sondern sie wird getrieben von den inneren Monologen und den Dialogen der beiden Hauptcharaktere.

Die Geschichte ist abwechselnd aus der Ich-Perspektive der beiden geschrieben. Dadurch bekommen wir Einblicke in die Gedanken und Gefühle der Figuren und es ist spannend, sie jeweils auch durch die Augen des anderen zu sehen.

Finch: She is oxygen, carbon, hydrogen, nitrogen, calcium, and phosphorus. The same elements that are inside the rest of us, but I can’t help thinking she’s more than that and she’s got other elements going on that no one’s ever heard of, ones that make her stand apart from everybody else.

Violet: This is the single loveliest thing anyone’s ever done form e. It’s movie lovely. It feels somehow epic and fragile

Sich selbst gegenüber sind sie sehr kritisch. Ihre Selbstwahrnehmung macht einen Großteil des Buches aus und zeigt, wie sie beide Schwierigkeiten im Alltag haben.

Violet: I love the world that is my room. It’s nicer in here than out there, because in here I’m whatever I want to be.

Finch: I know life well enough to know you can’t count on things staying around or standing still, no matter how much you want them to.

Finch: One year later, I grew out of my clothes because, it turns out, growing fourteen inches in a summer is easy. It’s growing out of a label that’s hard. Which is why it pays to pretend you‘re just like everyone else, even if you’ve always known you’re different.

Beide Figuren empfinden sich selbst als unzumutbar und anders, der Welt nicht gewachsen. Gemeinsam lernen sie, wie sie das Leben wieder meistern. Aber während Violet wieder in den Alltag zurückfindet und anfängt, ihre Träume wieder zu verfolgen, findet Finch sich bald in immer düsteren Gedanken wieder.

Das Thema des Buches sind die Probleme, mit denen die beiden zu kämpfen haben. Violets kamen von außen, als ihre Schwester bei dem Unfall starb. Finchs kommen von ihm selbst und er kann sie nicht richtig einordnen. Mich hat fasziniert, wie ehrlich der Einblick in die Gedanken und Gefühle der beiden ist, den der Leser bekommt. Jennifer Niven hat zwei authentische Charaktere aufgebaut, denen man abnimmt, wie sie sich fühlen, und die auch ihre negativen Gefühle nicht verschweigen.

Insgesamt hat mich das Buch also sehr gut abgeholt und ich kann es jedem weiterempfehlen, der ein solches Genre gerne liest. Es ist rasant und sanft, aufwühlend und beruhigend, es lässt einen mit dem Gefühl zurück, jetzt schlauer und tiefgründiger zu sein und den darauf folgenden Bookhangover schon zu überstehen.