August-Special: Harry Potter
Achtung, Spoiler!
Am 31. Juli ist die achte Harry-Potter-Geschichte rausgekommen, auf Englisch im Verlag Little, Brown im United Kingdom. Auf Deutsch wird er am 24. September dieses Jahres bei Carlsen erscheinen, so wie die anderen sieben deutschen Bände davor.
Als vor einigen Monaten die Nachricht verkündet wurde, Joanne K. Rowling arbeite an einer neuen Geschichte in der magischen Welt, war ich ganz durcheinander. Den siebten und damals vorerst letzten Band habe ich mit 17 oder 18 Jahren gelesen. Damals war die Erscheinung von „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ Segen und Fluch zugleich, Angst und Traum, und als ich tatsächlich die letzte Seite des letzten Bandes gelesen hatte, konnte man mich wegwerfen, für eine ganze Woche. Das Leben war vorbei.
Dies ist keine Rezension – es ist eine Liebeserklärung. Eine lange.
Ich gestehe, ich liebe die Harry-Potter-Reihe. Rowlings Welt strahlt eine ganz eigene Magie aus, die Figuren werden liebevoll zum Leben erweckt, die Orte werden detailliert aufgebaut und ich als Leser fühle mich zu Hause. Ich lerne mit Harry, Ron und Hermine Zaubersprüche, entdecke dunkle Geheimnisse, kämpfe gegen das Böse und stehe für das Gute ein. Die Hexen und Zauberer werden vielschichtiger, die Umgebung enthüllt Mysterien und Voldemort wird stärker, bis wir ihm gegenüber stehen und das Schicksal sich entscheiden wird.
Ja, ganz genauso drastisch!
Meine Freundin Anna hört zum Einschlafen immer das Hörbuch. „Seit 15 Jahren schlafe ich am besten mit Harry Potter ein. Mein Lieblingskapitel ist „Der andere Minister“. Manchmal höre ich das mehrere Abende hintereinander.“
Julia sagt: „Harry Potter ist der Ruhepol nach einem langen Tag, der dich in eine magische Welt führt, die dich den Alltag vergessen lässt.“
In den Einbänden der einzelnen Bücher habe ich, Schande über mich, ich war jung, eine Strichliste geführt, wie oft ich die Bücher gelesen habe. Die ersten drei jeweils zwanzig Mal. Sie haben mich begleitet, seit ich zwölf war.
Dabei wollte ich die Bücher erst gar nicht lesen. Meine Tante schenkte mir das erste zum Geburtstag und es lag ein Jahr im Regal. Als ich es dann aufschlug, war es um mich geschehen.
Die Harry-Potter-Geschichte ist ein eigener Kosmos, eine Welt, die mit eigenen Wundern und Gefahren aufwartet. Als Leser lebt man in dieser Welt, sie schließt einen ein. Zauber, Drachen, Mysterien, Geheimnisse, Verschwörungen, Kämpfe – wunderbar. Weil man Harry auf seinem Weg in diese Welt begleitet, ist es, als gerate man selbst hinein. Die Leser erleben mit ihm gemeinsam die neue magische Welt und man erkundet ihre Eigenarten. Rowlings Stil ist einfach liebevoll. Sie beschreibt die Details der Welt mit einem solchen Einfühlungsvermögen und einem Schmunzeln, dass man Hogwarts einfach lieben muss. In meinem Leben werde ich die Türen, die nur so taten, als ob sie Türen waren, und die Treppen, die freitags woanders hinführten, nicht mehr vergessen.
Meine Lieblingsfigur … ist Dumbledore. Unsere (in diesem Fall) nicht sehr nette Tageszeitung zu Hause bei meinen Eltern hatte vor dem sechsten Buch bereits geschrieben, wer da wen umbringt. Es war eine Qual, 600 Seiten zu lesen und die ganze Zeit nur darauf zu warten! Deswegen war ich vielleicht ein kleines bisschen weniger geschockt, als ich dann las, wie Dumbledore vom Turm stürzte. Überhaupt war der Abgang nicht sonderlich pompös. Das ganze siebte Buch lang musste ich darüber nachdenken, mit wem um alles in der Welt Harry denn seine Gedanken am Ende seines Abenteuers austauschen soll, von wem er und ich lernen sollen. Aber das war ja dann kein Problem ;-)
Über die Bücher gäbe es wahnsinnig viel zu sagen. Über den guten Stil, über jede einzelne Figur, über Rowlings Kunst, Geheimnisse zu erfinden und sie von den Zauberern und Hexen entwirren zu lassen. Über einzelne Zauber und Orte, einzelne Geschehnisse, Beziehungen, Fehlschläge, traurige Szenen, Tode, Anfänge und Enden. Das ist es vielleicht, was es ausmacht. Dass es so viel zu sagen gäbe. Dass es tatsächlich eine ganze Welt ist, in der es auch doofe Sachen gibt, langweiligen Unterricht und Misserfolge und Ängste, die wir aus unserem Alltag ganz genauso kennen. Weil es aber gleichzeitig einen Sport auf fliegenden Besen gibt, Einhörner und Geheimnisse zu lüften, so viel zu lernen und Freundschaften zu schließen, deswegen warten wir immer noch alle auf unseren Brief, der uns nach Hogwarts einlädt.
Die Figuren kennen wir ebenfalls aus unserem Leben. Sie sind unsere Freunde und Feinde, Besserwisser und Klassenclowns, angeberisch, unsicher, hochnäsig, verwirrt, aufopfernd, machthungrig, verlassen. Und die (wichtigen) Figuren haben auch alle nicht nur eine dieser Eigenschaften, sie sind vielschichtig und stehen Harry im Kampf zur Seite.
Denn wir haben ein Ziel. Wir müssen verstehen, wie wir Voldemort schlagen können, und es dann tun. Nachdem wir in die Zaubererwelt eingetaucht sind und uns zurechtgefunden haben, verfolgen wir mit Harry ein Ziel. Auf Irrwegen mit aufregenden Abenteuern meistern wir das am Ende natürlich. Der Weg bis dahin ist schwierig, geprägt von Hoffnung und Rückschlägen, von Geheimnissen und Ideen, von Freunden und Gegnern, von Liebeskummer und Schulunterricht, von Magie. Die Mischung macht’s ;-)
Ab dem fünften Band wird die Geschichte düsterer. Plötzlich geschehen wichtige Dinge außerhalb der Schule, die Erwachsenen spielen immer größere Rollen und nachdem Voldemort zurück ist wird klar: Das Ganze ist größer, als wir bisher dachten. Es gibt Prophezeiungen und ob unsere Freunde die Kontrolle behalten, ist ungewiss. Sirius stürzt in einen lächerlichen Vorhang. Jetzt steht auch das Ministerium für Magie im Weg und Harry ist allein. Aber wir sind ja bei ihm.
Im siebten Band geht es dann zur Sache. Die Sicherheit der Schule wird verlassen. Das hat mir anfangs gar nicht gepasst, doch es geschieht so viel und natürlich habe ich mich festgelesen. Dafür hat es mir umso besser gefallen, dass die entscheidende Schlacht wieder auf vertrautem Territorium stattgefunden hat.
Wenn ich entscheiden müsste, dann sind der dritte und der fünfte Band meine beiden liebsten. Der dritte ist … ja, liebevoll. Viele sagen mir immer, der dritte Teil gefällt ihnen am besten. Meistens nennen sie Sirius als Grund. Ich kann gar keinen richtigen Grund bestimmen. Der fünfte ist mit in der Auswahl, weil in ihm so viel passiert und klar wird. Die Welt wird größer, wir lernen das Ministerium für Zauberei kennen, den Grimmauldplatz, St. Mungos. Wir lernen über Prophezeiungen und Thestrale. Und dann kämpft Dumbledore gegen Voldemort. Wenn das mal nicht spannend ist!
Außerdem liebe ich es, wie Geschehnisse und Dinge sich durch die ganzen Bände ziehen. Wie viel sich Frau Rowling im Vorfeld überlegt haben muss! Was da alles wunderbar zusammenpasst und wie die Dinge aufeinander aufbauen! Wahnsinn :-D Ich verweise nur zu gern auf mein
Lieblingszitat. Aber apropos Zitate, die Bücher stecken auch noch voller Weisheiten, wie wir sie uns für unser gesamtes Leben ruhig mal merken können:
The world isn't split into good people and Death Eaters. We've all got both light and dark inside of us. What matters is the part we choose to act on. That's who we really are.
Sirius Black, Harry Potter und der Orden des Phönix
If you want to know what a man's like, take a good look at how he treats his inferiors, not his equals.
Sirius Black, Harry Potter und der Feuerkelch
People find it far easier to forgive others for being wrong than being right.
Albus Dumbledore, Harry Potter und der Halbblutprinz
Glaubst du, die Toten, die wir liebten, verlassen uns je ganz? Glaubst du, es ist Zufall, dass wir uns in der größten Not am deutlichsten an sie erinnern? Du weißt, er lebt in dir weiter, Harry, und zeigt sich am deutlichsten, wenn du fest an ihn denkst.
Albus Dumbledore, Harry Potter und der Gefangene von Askaban
You fail to recognize that it matters not what someone is born, but what they grow to be!
Albus Dumbledore, Harry Potter und der Feuerkelch
Differences of habit and language are nothing at all if our aims are identical and our hearts are open.
Albus Dumbledore, Harry Potter und der Feuerkelch
What's comin' will come, and we'll meet it when it does.
Rubeus Hagrid, Harry Potter und der Feuerkelch
It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities.'
Albus Dumbledore, Harry Potter und die Kammer des Schreckens
Und wo ich diese Zitate jetzt rausgesucht und gelesen habe, erfüllt mich dieses Glücksgefühl, das nur Harry Potter verleiht. Alles wird gut, denn es gibt Figuren und Menschen, die wissen was sie tun und sagen. Wenn wir nur an das Gute in uns glauben und an unsere Fähigkeiten, dann heben wir die Welt aus den Angeln. Oder so ;-)