Ich sitze bei meiner besten Freundin in der Küche. Es ist
immer schön, wenn man sich mal wieder sieht, denn seit dem Abitur und auch zum
Ende der Studienzeit verstreut es den Freundeskreis in alle Windrichtungen. Solange
man noch Student ist, bringt einen zum Glück das Semesterticket zu den
vermissten Menschen. Wobei es ein solches Ticket nicht an allen Universitäten
gibt, was wirklich sehr schade ist. Jedenfalls haben wir es endlich mal wieder
geschafft, gleichzeitig im selben Raum zu sein. Zur Pflege sozialer Kontakte
vernachlässigt man automatisch alles andere, in dieser Zeit kann man sich nicht
bewerben, nicht das Buch lesen, dessen Ausleihfrist sich dem Ende zuneigt, und
nicht die neueste Crime-Serie im Fernsehen schauen, die allerdings wahrscheinlich
eh der von gestern gleicht. Man fühlt sich deswegen schon wieder fast ein
bisschen schlecht, aber Qualitätszeit muss sein!
Wir haben alles ausgemacht. Sowohl Ort und Zeit als auch
Handy und Fernseher. Zugegeben, das Handy ist nur auf stumm geschaltet, damit
man einen heimlichen Blick darauf werfen kann, wenn der andere gerade kurz zur
Toilette geht. So ist unsere Generation eben. Vor mir steht ein großer Latte
Macchiato, den meine Freundin selbst zubereitet hat, und das sind doch die
besten Kaffees! Dieses Glas voll Espresso, Milch und Milchschaum symbolisiert
die Absicht, länger zu verweilen und mit einem anwesenden Menschen zu sprechen.
Es steht für die Auszeit, die wir uns nun vom Leben nehmen und den Austausch
von Geschichten, gegenwärtige und vergangene. Man muss sich auf den neuesten
Stand bringen, doch nichts hält zusammen wie das erneute Durchleben alter
Geschehnisse.
Aber auch Probleme bekommen ihren Platz im Kaffeeglas, etwas
weiter unten, wenn die aktuellen Informationen abgehakt sind. Dann leert sich
das Getränk langsamer, ich rühre mit dem langen Löffel darin herum, bis der
letzte Milchschaum weg ist. Meine Freundin hört zu und gibt Ratschläge. Was ich
an ihr mag ist, dass sie Lösungsversuche sucht, aber mir diese nicht
vorschreibt. Sie hilft mir mit Ideen und Mitgefühl, ich muss jedoch nichts von
dem tun, was sie vorschlägt. Natürlich kann ich. Aber oft ist ein emotionales
Problem nur noch halb so groß, wenn man weiß, dass es Lösungen gibt. Der Kaffee
schrumpft dabei auf ein Viertel seiner Selbst und wenn man sich besser fühlt,
trinkt man die letzten Schlucke mit Schwung aus.
Natürlich gibt es danach einen zweiten. Auf das
Beisammensein und gemeinsam lachen.
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