11. August 2015

George Orwell: 1984



George Orwell: 1984 (©der deutschsprachigen Ausgabe Econ Ullstein List Verlag GmbH 2000)
Originaltitel: Nineteen Eighty-Four (© The Estate of Eric Blair 1949)
Diese deutsche Ausgabe erschien 2002 im Wilhelm Heyne Verlag, dieses spezielle Exemplar kam 2006 aus dem Druck. Die abgebildete englische Ausgabe ist © the estate of the late Sonia Brownell Orwell, 1987, Penguin Books Ltd., London.

Wie ich auf meine Dystopie-vernarrten Kosten kam – und zwar auf das Erschreckendste
(Der Post ist vielleicht etwas lang geraten, aber ich kann mich bei so spannenden Büchern kaum zurück halten :-D)





Auf vielen Internetseiten wird 1984 als dystopischer Klassiker beschrieben. Ich hatte schon viel von dem Buch gehört und wusste auch bereits, wie es ausgeht. Seit geraumer Zeit wollte ich es lesen und habe es, im Rahmen eines Universitätskurses, nun auch geschafft.

Handlung
Winston Smith, 39, lebt in einem zukünftigen London, dessen Gesellschaft sich in die Partei und die niederen Bürger, die sogenannten Proles, teilt. An der Spitze der Partei steht als Führer (und ich benutze dieses Wort bewusst) der Große Bruder, der Big Brother. Die Proles werden stets bezeichnet als unwichtige, nicht intelligente Tiere, während die Mitglieder der Inneren und Äußeren Partei Privilegien genießen, was Wohnraum und Nahrung betrifft. Jedoch werden sämtliche Parteimitglieder auf Schritt und Tritt überwacht von Kameras, Mikrofonen und in ihren eigenen Räumen von den Teleschirmen, die an den Wänden angebracht sind.
Winston, Mitglied der Äußeren Partei, arbeitet im Ministerium für Wahrheit. Sein Job ist es, frühere Berichte und Artikel so umzuschreiben, dass sie zu aktuellen Gesinnungen, Prognosen und Zuständen der Partei passen. Er macht sich jedoch seine eigenen Gedanken über die Partei und ist ihr gegenüber nicht wohl gesinnt. Er denkt, das totalitäre System müsse und werde früher oder später gestürzt werden. Die Handlung folgt ihm zunächst durch seinen Alltag und seinen inneren Kampf mit der Gehorsamkeit gegenüber der Partei, bis er dann auf Gleichgesinnte trifft.


Die Geschichte ist zu keinem Zeitpunkt schön, friedlich oder erholsam. Sie ist keine Urlaubslektüre für den entspannten Tag am Strand. Stattdessen entführt Orwell den Leser in eine heruntergekommene, furchteinflößende Welt voll Verrat, Überwachung und Angst vor dem eigenen Ehepartner. Es kann zuweilen etwas bedrückend wirken, wenn Winston sich selbst die Aussichtslosigkeit seiner rebellierenden Gedanken vor Augen führt. Er steht zu Recht unter ständigem Verfolgungswahn und muss stets seinen Gesichtsausdruck kontrollieren. Eine große Rolle spielt für ihn die Vergangenheit, an die er sich erinnert. Doch aufgrund seines Jobs, die Geschichte passend für die Gegenwart umzuschreiben, wird er sich seiner eigenen Erinnerungen unsicher und fragt sich, was er noch glauben kann und ob es so etwas wie eine allgemeingültige Wahrheit überhaupt gibt.
Die Welt und die Gesellschaft sind sehr gut beschrieben und erschienen mir während des Lesens sehr gut durchdacht. Trotz der eindeutig negativen Entwicklung der beschriebenen Gesellschaft empfand ich eine Faszination für das ausgeklügelte System. Die Manipulation der Menschen bis in ihre eigenen Gedanken hinein ist ein typisches Thema der Dystopien und fesselt meine Aufmerksamkeit. Die Vorstellung, so etwas könnte existieren, erschreckt mich so sehr, dass ich nicht anders kann, als fasziniert weiter zu lesen. Leser, die mit solchen Motiven gar nichts anfangen können, mögen die Geschichte zwischendurch etwas langatmig finden, wenn der Aufbau der Gesellschaft erklärt wird.

Die Figur Winston ist sympathisch durch die Tatsache, dass er sich als aufwiegelnder Außenseiter von seinen Mitmenschen abhebt. Die Welt wird so negativ beschrieben, dass ich mich automatisch auf die Seite der Aufständler stelle. Er gesteht sich selbst aber auch große Schwächen zu.
Teile der Erzählung sind brutal und werden entsprechend ausgeschmückt, Gewaltanwendung spielt eine wichtige Rolle in der Partei. Der Stil hat mir insgesamt gut gefallen, das Buch war meist nicht anstrengend zu lesen und langweilte mich nur einige wenige Seiten lang (und zwar dann, als Teile des Buches abgedruckt sind, das Winston liest – nicht, dass das nicht interessant war, es erforderte nur sehr viel Konzentration).
Zu Anfang passiert nicht viel, und das ändert sich im Laufe der Handlung nicht sehr. Es gibt viele Zustandsbeschreibungen und Einblicke in Winstons Wahrnehmungen. Dennoch las ich Seite um Seite und tauchte tiefer in Winstons Umwelt, verfolgte seine Gedanken und wollte, dass er das Ministerium und die Partei stürzt. Es hat mir wirklich sehr gefallen, wie die Gesellschaft durchdacht ist und beschrieben wird und auch die Handlung fand ich insgesamt gut.

So, ich habe mich sehr zurückgehalten, um keinen ganzen Roman über 1984 zu schreiben, und versucht, nicht von meiner Vorliebe für das Genre verblendet zu sein.

Weitere Gedanken zu dem Buch: Achtung, Spoiler!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen