11. August 2015

Spoiler: George Orwell: 1984



George Orwell: 1984 (©der deutschsprachigen Ausgabe Econ Ullstein List Verlag GmbH 2000)
Originaltitel: Nineteen Eighty-Four (© The Estate of Eric Blair 1949)



Ich kann mich gar nicht entscheiden, wo ich anfangen soll.
Zunächst traditionell zum Ende der Geschichte. Schön, dass das tyrannische, totalitäre System gewinnt. Dadurch wird seine Grausamkeit hervorgehoben. Aber ich bin nun mal ein Hollywood-verwöhntes Mädchen und hätte natürlich immer gerne ein Happy End. Die Methode Gewalt spricht meines Erachtens auch für nicht vorhandene Argumente der Partei. O’Brien aber macht deutlich, dass es der Partei lediglich um die Macht geht und dabei darf man die Logik wohl umgehen. Angst soll herrschen, und das tut sie. Aus seiner Argumentation heraus ergibt es Sinn, dass die Partei Winston mithilfe von Gewaltandrohung assimiliert und bis in seine Gedanken vordringt.

O’Brien erscheint mir als sehr ambivalent, was Orwell anscheinend auch gewollt hat, denn die Figur wendet Doppeldenk an wie keine andere. Dass er am Ende doch ein Spitzel der Partei ist, hat mich persönlich enttäuscht, hebt aber die Macht der Partei hervor. Der Hauptfigur Winston und dem Leser werden somit sämtliche Hoffnungen auf eine Änderung genommen. Zunächst hatte ich mich geärgert, dass Winston nicht einen einzigen Auftrag von der Bruderschaft erhalten hat, bevor er gefangen genommen wurde. Das konnte allerdings natürlich nicht passieren, wenn O’Brien der Partei loyal ergeben ist. Aber wenigstens Mr. Charrington, der Besitzer des Antiquitätenladens, hätte einer von den „Guten“ bleiben können. Vielleicht hätte O´Brien Winston auch gar nicht selbst verraten?

Die Ausschnitte aus Goldsteins (bzw. O’Briens) Buch zogen sich und warfen mich im Leseprozess um zwei Tage zurück, weil ich mich etwas durchquälte. Als Erklärung für den Staat und die Parolen ist er sehr aufschlussreich und nachvollziehbar, aber meiner Meinung nach doch extrem ausführlich.
Ein wenig enttäuscht hat mich Julia, die zwar als Gleichgesinnte mit Winston gegen das System wettert, aber seine Gedanken uninteressant findet. Ich hätte Winston jemanden gewünscht, mit dem er seine Befürchtungen und Meinungen austauschen und teilen könnte. Grundsätzlich hätte ich mich über mehr Charaktere gefreut, die etwas detaillierter beschrieben werden. Aber es geht auch so.
Ich bin überrascht, wie gut mir das Buch trotz des Technikmangels gefallen hat. Mir kann es fast nicht genug Überwachungsmechanismen und biogenetische Experimente oder böse Roboter geben. Doch 1984 funktioniert in sich so gut, dass es solcher Technik nicht bedarf.

Die ganze Sache mit dem Umschreiben der Vergangenheit finde ich ebenfalls sehr spannend. Die daraus resultierenden Gedanken zu Wahrnehmung und Wahrheit, was existiert und wieso zwei und zwei gleich fünf sein können – ultra spannend! Auch wenn ich persönlich überzeugt bin, dass auch alles außerhalb der Wahrnehmung existiert und es eine objektive Wahrheit gibt.
Okay, reicht ;-)


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